Laubmännchen

zwei Laubmännchen Ein alter Brauch hat sich über Jahrhunderte hinweg in Heftrich erhalten – das Laubmännchen. Wir wissen nicht, wie alt dieser Brauch ist. Sicher ist jedoch, daß er einen heidnischen Ursprung hat und an den Glauben altgermanischer Gottheiten zurückzuführen ist. Der Brauch des Laubmännchens erinnert an die Naturgottheiten und soll das darstellen, was sich in der Natur vollzieht: Abschied vom Winter und Begrüßung des Frühlings.

In abgewandelter Form kommt dieser Brauch in verschiedenen Gegenden Deutschlands vor – ganz in unserer Nähe als Blumenmann im Usinger Land und als Schembertlauf in Nürnberg. Der Tag des Laubmännchens ist und war der Pfingstmontag. Als die Heftricher Schule noch aus zwei Klassen bestand, gab es zwei Laubmännchen-Gruppen, die Kleinen (l. bis 4. Schuljahr) und die Großen (5. bis 8.​ Schuljahr). Aus beiden Gruppen wurde ein Laubmännchen bestimmt – es war eine Ehre, Laubmännchen zu sein.

Am Pfingstmontag wurde das Laubmännchen auf dem heimischen Bauernhof geschmückt. Es bekam ein Kleid aus frischen grünen Zweigen und Blumen. Nur die Augen guckten heraus. Von dem Pferdeschlitten wurden die Schellenbänder genommen und dem Laubmännchen um den Hals gehängt. Durch das Geläut sollten die bösen Geister vertrieben werden.

In der Schule sind rechtzeitig Frühlingslieder geübt worden. Und damit es sich wirklich schön anhörte, haben sich die Buben am Sonntag vor Pfingsten noch einmal am “Ressewar” (dem alten Wasserreservoir) getroffen, um eine “Generalprobe” zu machen – nur die Buben , denn die Mädchen spielten damals beim Laubmännchen lediglich eine Nebenrolle. Heute freuen wir uns, wenn auch viele Mädchen mitmachen.

Durch das Dorf zogen dann die- Laubmännchen mit Gefolge, blieben vor jedem Haus stehen und sangen eine Strophe eines Frühlingsliedes. Die Anwohner bedankten sich und gaben als Belohnung Eier und – das war besonders willkommen – Geld. Geld kam insbesondere von Besuchern, die in Heftrich zu Gast waren und die natürlich keine Eier mitgebracht hatten. Süßigkeiten und andere Dinge wurden damals nicht gegeben; wir sollten uns darauf besinnen.

LaubmännchenLaubmännchen zu sein war anstrengend. Der Weg war lang, unter dem schweren, dichten Laubkleid wurde es heiß. In einigen Ortschaften im Usinger Land wurde der Blumenmann deshalb gefahren. Auch der Korb, in dem die Eier gesammelt wurden, wurde immer schwerer. In Heftrich wurde deswegen insbesondere der kleinen Gruppe ein Wagen zur Verfügung- gestellt, auf dem der Korb mit dem Gesammelten abgestellt wurde.

Belohnt wurden die Kinder für ihre Mühe nach der Rückkehr auf dem heimischen Bauernhof des Laubmännchens. Dort wurden die Eier und das Geld verteilt. Das Laubmännchen bekam am meisten, dann kamen die Größeren an die Reihe. Für die kleinsten Buben blieb nur je ein Ei. Für die Mädchen, die immer eine Nebenrolle spielten, blieb oft gar nichts.

Die meisten Eier wurden an Ort und Stelle gebacken und verzehrt, einige hoben sich die Eier bis zum nächsten Tag auf und tauschten sie beim Kaufmann in begehrtes Kleingeld um.

Warum werden beim Laubmännchen nach alter Überlieferung Eier gegeben? Wir kennen Eier doch nur als Ostergeschenk! Das Ei war in germanischer Vorzeit das Symbol der Fruchtbarkeit, und das Frühlingsei wurde als besonders zauberkräftig angesehen. Daher spielte das Ei nicht nur zu Ostern und beim Laubmännchen eine große Rolle, sondern – dies als kleine Ergänzung – auch zur Fastnacht. Vor Jahrhunderten war dieser heidnische Brauch so verwurzelt, daß am 20. Februar 1579 der Heftricher Pfarrer Gottfried Just Hadamaricus in einer Predigt während einer Synode in Idstein den Mißbrauch anprangerte, “in faszenacht die eier aufzuheben von dorffern zu dorffern”.

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Laubmännchen im Jahr 1949

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